Patrick Breitenbach Weblog

Storytelling: Wie VW mit einem bemerkenswerten Rückruf-Schreiben bei mir und meiner Frau punktete*

vw_brief

Februar 2016

Es tut uns leid, dass wir Sie enttäuscht haben und Ihr Volkswagen Sharan von unserer Fehlleistung betroffen ist.

Sehr geehrte Frau Breitenbach,

einmal verspieltes Vertrauen lässt sich nicht so einfach zurückgewinnen. Das ist uns schmerzlich bewusst. Daher werden wir in den kommenden Jahren extrem hart an uns arbeiten müssen, um Sie, Frau Breitenbach, davon zu überzeugen, dass auch ein großer Konzern wie Volkswagen dazu in der Lage ist, schnell aus begangenen Fehlern in der Vergangenheit zu lernen. Wir wollen uns in Zukunft mit voller Kraft darauf fokussieren, dass Sie, als unsere Kundin und Ihr Vertrauen in unsere Fahrzeuge und Dienstleistungen, stets im Mittelpunkt unserer Unternehmung stehen muss. Seien Sie versichert, dass wir im Hintergrund bereits an umfassenden Veränderungsprozessen in diese Richtung arbeiten.

Unser Fehlverhalten ist bedauerlicherweise nicht mehr rückgängig zu machen. Dennoch möchten wir den Versuch einer Wiedergutmachung unternehmen. Wir werden selbstverständlich die betroffene Software auf unsere Kosten entfernen. Doch nicht nur das, schließlich müssen wir dadurch ja auch Ihre kostbare Zeit in Anspruch nehmen. Sie müssen bei Wartungen oder Inspektionen das Fahrzeug selbst zu einem Volkswagenpartner in Ihrer Nähe bringen und auch wieder abholen und sind ja zugleich auf ihr Fahrzeug angewiesen. Daher bieten wir Ihnen nicht nur an, Ihr Fahrzeug kostenlos an einem Wunschort Ihrer Wahl abzuholen und wieder abzuliefern, sondern Sie erhalten in der Zwischenzeit von uns natürlich auch ein hochwertiges Mietfahrzeug, welches den Eigenschaften Ihres Fahrzeugs ähnelt oder sie gar übertrifft. Selbstverständlich müssen Sie weder für den verbrauchten Treibstoff noch für die Miete aufkommen und die gesamte Abwicklung können Sie bequem online oder telefonisch von zu Hause aus erledigen.

Zum genauen Ablauf der Rückruf-Aktion werden wir Sie zeitnah informieren. Es sei an der Stelle explizit darauf hingewiesen, dass Ihr Fahrzeug weiterhin ohne Einschränkungen fahrbereit und technisch absolut sicher ist. Es handelt sich lediglich um den Austausch der manipulierten Prüf-Software, die sich auf das eigentliche Fahrverhalten nicht auswirkt.

Falls Sie noch Fragen oder Anmerkungen haben, so stehen wir Ihnen unter den untenstehenden Kontaktmöglichkeiten zur Verfügung.

Wir wissen, dass diese Rückrufaktion allein nicht das verlorengegangene Vertrauen zurückgewinnen wird, aber sehen Sie es bitte als einen möglichen Wendepunkt und als Beginn einer völlig neuen Wegstrecke, die hoffentlich zurück zu Ihrem Vertrauen in uns führt.

Mit freundlichen Grüßen

*Leider ist dieses Schreiben da oben komplett von mir ausgedacht und ich habe es als einen Kontrast zum echten Schreiben da unten formuliert, so wie wir es kürzlich erhalten haben:

brief_vw

Na? Spüren Sie einen Unterschied?

20 Comments

  1. Cem Basman

    3. März 2016 - 14:12
    Reply

    Ist dein Posting jetzt ein Pitch als SM bei VW?!

    Wie auch immer, guter Briefentwurf. Vielleicht ein paar Tropfen Schleim rausnehmen.. Sonst Rutschgefahr.

    😉

  2. Jakob

    3. März 2016 - 14:16
    Reply

    „von einer Software betroffen“ wäre auch so ein Fall für das Neusprechblog. ^^

    • Patrick Breitenbach

      3. März 2016 - 14:23
      Reply

      Im Zweifel ist immer die Software oder das Internet an allem Schuld 😉

  3. Jörg

    3. März 2016 - 14:41
    Reply

    So a bisserl Technik hätts scho sei dürfe…
    Aber natürlich ist Deine Version um längen besser 😉

  4. Jörn Sieveneck

    3. März 2016 - 14:47
    Reply

    Schade. Ich hatte am Anfang des Postings gedacht, dass es VW vielleicht doch mal richtig macht und dem Kunden sozusagen Service 2.0 als Wiedergutmachung bietet. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, vielleicht bringt Johann Jungwirth zukünftig frischen Wind in den Konzern.

    • Patrick Breitenbach

      3. März 2016 - 14:50
      Reply

      Ja. Der Fairnessheit halber muss man immer wieder betonen, wie langwierig, anstrengend und schwerfällig solche Change Prozesse sind und wie spät man das dann gerade bei so großen Dickschiffen wirklich spürt. Ich hoffe Johann Jungwirth hat es da nicht all zu schwer. Aber es wird definitiv seine Zeit und jede Menge neuen Mindset brauchen.

    • Oliver Lippert

      3. März 2016 - 15:09
      Reply

      Ich habe auch gedacht „wow, die fahren ja dicke Geschütze auf, prima…“, bis ich dann den echten Brief sah :/

  5. Jörn Hendrik

    3. März 2016 - 15:08
    Reply

    Ein „aufgefordert“, dann ein „umgehend“ und mehrere „!“ im Anschreiben? Oh man…
    Deine Version ist sehr viel schöner. Schade, man duckt sich wie immer Hierzulande weg vor Fehlern, weiß sich nicht zu helfen und fabriziert Mist der am Ende die Menschen (aka Kunden) nicht erreicht. Schade.

  6. Annette M,

    3. März 2016 - 15:19
    Reply

    Mir ging es genauso. Ich war auch echt enttäuscht. Miese Betreff-Zeile, einzeiliger Druck. Kaum neue Informationen.

  7. Franz

    3. März 2016 - 15:39
    Reply

    Wer mit denen mal im Entferntesten zu hatte, mag da nicht arbeiten.

    Im dritten Satz musste ich wegen der eingeschobenen „Frau Breitenbach“ übrigens mit den Augen rollen. Bei sowas schalte ich normalerweise ab 😀

  8. Jan Theofel

    3. März 2016 - 17:01
    Reply

    Sie kennen dein Kennzeichzen und deine Fahrgestellnummer aber nicht deine Motor? Wenigstens diese Passage hätte man ja noch individualisieren können. Autsch.

  9. Simon Rabente

    3. März 2016 - 19:04
    Reply

    Es klang so schön, bis der letzte Absatz kam 🙂

  10. Viktor

    3. März 2016 - 21:25
    Reply

    Sehr schöner Brief Patrick! Du hättest VW beraten sollen!
    Mir ist beim Lesen gleich die Frage aufgetaucht: „he? Wo liegt denn sein Problem? Der Brief ist doch super geschrieben? Hatte sofort an DAS Beispiel von Scott Stratten gedacht, wie er ein perfektes Social Media Krisenmanagement bei einer Fluggesellschaft beschreibt *) Aber dann kam die Faust ins Gesicht! Bäm. Der Brief ist ja erfunden. Der echte ist ja eine echte Katastrophe… Mein Vater hat auch einen bekommen, aber ich habe ihn bis jetzt noch nicht gelesen. Jetzt kann ich echt verstehen, warum er sich darüber so aufgeregt hat.

    *) https://www.youtube.com/watch?v=BnCOHoEREz0

  11. Michael Tettinger

    5. März 2016 - 11:28
    Reply

    Durftest Du die Anzeige texten, die heute ganzseitig den Mantel des Solinger Tageblattes füllt?

  12. TOM

    5. März 2016 - 14:23
    Reply

    Das Deutsch der „Frau Breitenbach“ lässt sehr zu wünschen übrig.
    Gross- und Kleinschreibung, die leidige Interpunktion und „Sie, Frau Breitenbach, der Kunde…“
    Mich schüttelt’s.

    • Patrick Breitenbach

      5. März 2016 - 16:19
      Reply

      An einem Lektorat muss es Gottoderwerauchimmerseidank nicht scheitern.

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