Patrick Breitenbach Weblog

Versprochen > Gebrochen > Erbrochen: Erwartungsmanagement – Das völlig unterschätzte Tool im Marketing und in der Unternehmenskommunikation

erwartungsmanagement-marketing

Kennen Sie das auch?

„Wann ist denn mein Fahrzeug fertig?“
„Wenn Sie uns das Fahrzeug morgen pünktlich um 9 Uhr vorbeibringen, können sie es dann so in etwa einer Stunde wieder abholen.“
„Ah, super. Vielen lieben Dank.“

Kikerikiii. Der nächste Tag:
Man bringt das Fahrzeug superpünktlich um 9 Uhr zur Werkstatt. Man hat vorher alle Hebel in Bewegung gesetzt damit man das tut. Die Zeit zwischen 9 und 10 Uhr wurde auch mit etwas Sinnvollem verplant und man kehrt in freudiger Erwartung um 11 Uhr zur Werkstatt zurück, um das Fahrzeug wieder mitnehmen zu können. Und man ist dann doch etwas verblüfft über folgende neue Information:

„Also, Ihr Fahrzeug ist gleich als nächstes dran. Das dauert dann so mindestens bis 13 Uhr.“
„Grmmpffhh! Dann fahre ich wohl wieder nach Hause (so 30 Minuten), weil zwei Stunden warten ist ja auch irgendwie Kacke.“

Um 15:30 Uhr brrrrrrt das Smartphone. Eine SMS:
„Ihr Fahrzeug ist fertig und nun abholbereit.“
„YAY!“

Tja. Erwartungsmanagement. Das dürfte eines der meist unterschätzten Marketingtools in vielen Unternehmen sein. „Morgen melden wir uns bei Ihnen“. Die Tage vergehen und man macht sich schon echt Sorgen, ob der zuständige Sachbearbeiter von der Leiter gefallen oder ob nur ein Asteroid in die Firmenzentrale eingeschlagen ist.

Enttäuschte Erwartungen führen zwangsläufig zur toxischen Kommunikation und negativem Storytelling. Sie erzeugen jede Menge Frust in unterschiedlicher unberechenbarer Intensität und in den allermeisten Fällen (je nach dem wie groß Enttäuschung empfunden wird) zu negativer Mundpropganda: „Heute habe ich mich wieder dermaßen tierisch uffgereschtt, das glaubste nich!? Ich habe meine ganze Tagesplanung nach dem Scheiss Unternehmen XYZ ausgerichtet, weil die gemeint haben …“

Liebes Unternehmen, stellen Sie sich das doch einfach kurz mal vor: Der Kunde (das könnten Sie selbst sein) richtet tatsächlich sein Leben (wenn auch oft nur minimal) anhand Ihrer kleinen, scheinbar beiläufig von Ihnen erwähnten Informationen aus. Er muss entsprechende Termine freihalten, sich vielleicht um Kinderbetreuung kümmern, ein paar Stunden frei nehmen oder sonstwie sein Leben um Ihre Information herum planen. Man (oder Frau) verlässt sich halt einfach auf solche scheinbar banalen Angaben. Kommunikation erzeugt immer auch Erwartungen, die bei Erfüllung vielleicht nicht der Rede wert sind, aber bei Nichterfüllung ziemlich sicher zu Unlust, Genervtsein oder zu einem Vertrauensverlust führen.

Ich empfehle Unternehmen daher im Bereich „Service-Design“ immer an das alte Disneyland-Prinzip zu denken:
An der Warteschlange im Disneyland (oder anderen Freizeitparks) stehen Schilder, die einem sagen: Ab hier sind es noch 45 Minuten Wartezeit. Nun hat Disney (vielleicht sogar Walt Disney persönlich, der war nämlich so ein bißchen schräg drauf), die Leute aber mit ihren Warteschildern ausgetrickst. Anstatt 45 Minuten mussten die Wartenden in Wirklichkeit nur 30 Minuten warten. Das generierte bei den Wartenden am Ende ein ganz tolles Gefühl. Innerlich stellte man sich auf 45 Minuten ein und war regelrecht positiv überrascht, wenn es dann doch nur 30 Minuten waren. Durchatmen. Freude.  Genuss.

Kehrt man dieses Prinzip allerdings um, dann wird es extrem nervig. Steht man 60 Minuten statt 45 Minuten an, dann entsteht einfach nur blanker Frust. Und es veranlasst die Leute eben auch zum Lästern, Raunen und Tuscheln.

Also immer im Bereich Service-Design daran denken: Versprechen Sie nix, was sie am Ende nicht mindestens sicher erfüllen können. Wenn Sie hingegen dem Kunden mitteilen, dass er einen Tag auf das Fahrzeug warten muss und es ist aber schon nach wenigen Stunden abholbereit: Supergut! Sie ernten ein „Wow!“. Und wenn Sie jemanden versprechen: „Ich melde mich bei Ihnen spätestens in einer Woche“, dann versuchen Sie sich bereits nach wenigen Tagen zu melden oder geben Sie wenigstens eine Zwischenmeldung wenn es tatsächlich nicht einhaltbar ist, aber dann bitte mit einer neuen Zeitangabe die definitiv belastbar ist. Oder noch einfacher: Einfach wirklich nichts mehr versprechen, was sie nicht ganz sicher auch einhalten können – das gilt gerade im Zeitalter der plappernden sozialen Netzwerke.

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